Jahresbericht 1994 / 1995
Im Oberdorf unn ach hier unne,
am Kerbesamstag putzt mer Brunne.
Ja das weiß ein jeder schon,
daß das ne alte Tradition.
Und so trifft man sich ganz klar,
einmal jährlich Jahr für Jahr,
in der Bahnhofstraße vorn,
am sogenannten Bubenborn.
Den Brunnen reinigt dort mit Kraft,
vor Ort die erste Nachbarschaft.
Ja man sieht die Arbeitswut,
denn man hat ein Jahr geruht.
Deshalb werd‘ nit lang gedenkt,
unn zuerst die Trepp geschwenkt.
Und weils soviel Spass hier macht,
gibt’s auch noch ne Wasserschlacht.
Auch wenn man dann die Hos verliert,
der Brunnenwein ist anvisiert.
Da gibt es überhaupt kein halten,
auch nit mit Wasser mit dem Kalten
Deshalb gilt hier jede Wette,
im Brunnen ist de Wein zu rette,
Ja da machen alle mit,
und Brunnenwasser hält uns fit.
Ach so geht das ohne mucke,
Männer putze, Fraue‘ gucke.
Denn sie könne das nit fasse,
wir sind Meister aller Klasse.
Putzen streng nach Tradition,
weil so war das immer schon.
Deshalb tu ich es hier schreibe,
ja so solls auch in Zukunft bleibe.
Und es wäre doch gelacht,
hier wurd‘ früher Wein gemacht.
So schöpfet schnell den Brunnen leer,
und haltet Bubenborn in ehr.
In Zukunft sollte man probiere‘,
den Brunne zur Heilquelle umzufunktioniere.
Dann dazu käme noch Gott Lob,
das Brunnenmeisterproblem es währ‘ behob.
Und alles dann in einer Hand,
mit nem Hauptberuflichen Brunnenmeister im Gemeindeverband.
Ja 94 feierte Kerb,
die erste Nachbarschaft an de Heck.
Und da wurde ganz ungeniert,
Günter Laudert und Wolfgang Schreiber
Zum Brunnenmeister gekürt.
Sie wurden da ganz ellegant,
in einen Pranger eingespannt.
Wenn ich dran denk oh weh oh weh,
tut mir heut de Hals noch weh.
Deshalb will ich auch nit mucke,
konnte wochenlang nicht schlucke.
War auch wochenlang gehämmt,
und irgendwie total verklemmt.
Ja seit ich so verklemmt im Pranger,
wird mei Frau auch nicht mehr schwanger.
Ach die hat mit mir geschennt,
Wolfang du bist impotent.
Doch ich glaub ich hat nen Schock,
von dem Pranger diesem Bock.
Und morgen ist es nit mehr wahr,
nit mehr Brunnenmeister unn alles widder klar.
Der Winter 94/95 war so wie wir es schon seit Jahren gewohnt sind, zu mild und ohne Schnee. Ende Januar gab es wieder ein Jahrhunderthochwasser, besonders betroffen Rhein, Main und Mosel. Der Pegel in Bingen stand bei 5,90m, der Pegel in Köln bei 10,69m. Das ganze Frühjahr war verregnet und für die Jahreszeit zu kalt, wobei der Juni wettermäßig der absolute Höhepunkt war mit Nachttermperaturen um 8 Grad Celsius. So richtig heiß wurde es erst im Juli mit Spitzentemperaturen von 38 Grad Celsius und einer Luftfeuchtigkeit von 80% bis 90%. Alles in allem gesehen war das Wetter aber so wie es immer schon war, nämlich zu warm, zu kalt, zu heiß, zu naß, zu trocken, zu trüb, zu hell, zu dunkel, zu viel Ozon. Das war aber immer noch besser als gar kein Wetter. Und sollte der Mensch eines Tages das Wetter einmal selbst machen können, wird es mit Sicherheit noch schlechter.
Auf den Weinbau in Trechtingshausen hatte das Wetter keine große Auswirkung gehabt, denn von Winzern und Weinbau im Ort ist nicht mehr viel übrig geblieben. Es gibt zwar noch ein paar Weinberge auf der Kisselopp und in der Untergemark, die aber zum größten Teil von einem Winzer der Nachbargemeinde Oberheimbach bebaut werden. Und wo einst Riesling und Silvaner wuchsen, wächst jetzt Gestrüpp und Brombeerhecken, und Brombeerwein soll sehr gut schmecken. Aber so wird der Name Weindorf, oder Weinbau-Gemeinde bald Geschichte sein. Auch ist der Fremdenverkehr in der Ortsgemeinde weiter rückläufig, das Verkehrspavilion wurde aus diesem Grund geschlossen. Die Kaninchenplage auf dem Friedhof hat sich in den letzten Jahren nicht gebessert, und verlangt von den Grabbesitzern viel Verständnis und gute Nerven. Der Geräteraum der Friedhofskapelle wurde aufgebrochen. Man entwendete einen Schubkarren und mehrere Schaufeln und Hacken. An der Kranenmauer wurden zum zweiten Mal in den letzten zwei Jahren die Fahnen gestohlen und die Fahnenmasten beschädigt. Schaden für die Gemeinde 1.000 DM. Um ein Haar wäre das Schweizerhaus am Sonntag Morgen den 28.08.1994 Opfer der Flammen geworden. Bei dem Brand handelte es sich um den geschichtsträchtigen Teil des gesamten Anwesens. Das Gebaude, in dem eine Scheune, eine Werkstatt und eine Wohnung untergebracht waren, ist ein Teil des ehemaligen Faizberger Hofes, von dem aus im Mittelalter die Burgherren der nahegelegenen Burg Faizberg, der heutigen Burg Rheinstein versorgt wurden. Alle Wehren der Verbandsgemeinde waren im Einsatz den es mußten einen Höhenunterschied von 160m und eine Strecke von 1000m in unwegsamen Gelände überwunden werden. Kuriosum am Rand: Waldspaziergänger beobachten den Einsatz der Feuerwehr live vor Ort und ließen sich vom Gastronomiebetrieb des Schweitzerhauses mit Getränken versorgen. Am 31. August 1994 wurde die Jugendbildungsstätte in der ehemaligen Schule von Trechtingshausen eingeweiht. Im Keller des Gebäudes befindet sich für die Dorfjugend ein Jugendraum der am 16.09.1994 eingeweiht wurde. Knapper Sieg bei der Bundestagswahl am 16.10.1994 für Union und FDP. CDU 41,5% SPD 36,4% FDP 6,9% B.90/Grüne 7,3% PDS 4,4% Die Wahlbeteiligung lag bei 79,1%. Die PDS ist im Bundestag, weil sie in Berlin vier Direktmandate errungen hat. 20.10.1994 Feuer im Haus Böppchen, Dachwohnung brannte komplett aus. Die Feuerwehr Trechtingshausen mußte 15 min. auf ein Fahrzeug mit Wassertank warten um das Feuer zu löschen. Im Dezember feierte der Rentnerring sein 25-jähriges bestehen. Der seit 1969 bestehende Rentnerring blickt auf erfolgreiche Tätigkeit für die Gemeinde und die Bürgerschaft zurück. Am 30. Januar jährt sich der Untergang der „Wilhelm Gustloff“ zum 50. Male. Aus diesem Grund trafen sich die Überlebenden in Damm-2000 in der Kieler Bucht zu einer Gedenkfeier wo auch August Konrad dabei war. Der damalige Obermaschinist der Kriegsmarine, und der Trechtingshäuser Bürger war einer der 1552 Überlebenden. Am 01. Januar wurde ein neues Müllentsorgungssystem eingeführt, wobei jetzt jeder Haushalt statt einer, drei Mülltonnen hat. Und zwar eine graue Restmülltonne, eine braune Biotonne, und eine Tonne für Papier. Hinzu kommt noch ein gelber Sack für Wertstoffe, einen extra Entsorgung für Kühlgeräte, Grünschnitt und Problemmüll. Das eigentlich Problem liegt aber meiner Meinung nach in der Braunen Biotonne mit starkem Madne- und Mückenbefall, die somit Anziehungspunkt für allerlei Ungeziefer ist. Im Frühjahr 1995 wurde das Feuerwehrgerätehaus für knapp 35.000 DM renoviert. Es wurde eine Heizanlage eingebaut, vier Holzfenster erneuert und das Gerätehaus mit einem neuen Innen- und Außenanstrich versehen. Meiner Meinung nach hätte man aber zuerst die Toreinfahrt höher und breiter machen müssen, um das neue Löschfahrzeug das für 1998 geplant ist problemlos ein- und ausfahren zu können. So kann das eigentlich nur heißen, daß es zwar ein neues Fahrzeug gibt, jedoch kein Größeres, sondern die gleiche Kattegories wie das jetzige Modell. Oder will man 1998 ein neu renoviertes Gerätehaus noch einmal umbauen. Denn solche Fehler wurden beim Neubau des Gerätehauses 1978 auch schon gemacht. Hätte man damals der Feuerwehr eine Heizanlage und eine zweite Einstellbox genehmigt, was damals über die Kameradschaftskasse finanziert worden wäre, hätte die Verbandsgemeinde die 35.000 DM für Renovierung gespart und ein neues Gerätehaus im Heimbachtal wäre somit nicht erforderlich. Das Sprichwort aus Fehlern wird man klug, ist bei der Verbandgemeinde anscheinend wirkungslos. Nach dem Absturz der Klüverwand an den Morgenbacher Felsen, wurde das Klettern wegen Felssturzgefahr verborten. Das Geologische Landesamt das im Auftrag der Ortsgemeinde die Kletterfelsen unter die Lupe genommen hatte, sieht auch für das restliche Morgenbachtal Felssturzgefahr, worauf unverzüglich alle Wege im Bereich Morgenbacherfelsen gesperrt wurden. Die Warnschilder werden leider nicht beachtet und es wird fleißig weiter geklettert. Auf die Schließung des Gemüsemarktes im Januar folgte im Juli die Schließung der Metzgereifiliale Brager aus Bingen, wodurch die Versorgung mit Grundnahrungsmitteln im Ort noch schwieriger geworden ist, obwohl eine Bäckereifiliale der Bäckerei Brauer im Juni eröffnet wurde. Hans Willi Franceux wird für die SPD bei den Wahlen zum Verbandsbürgermeister Rhein-Nahe kandidieren. Einstimmig wurde der Ortsbürgermeister von Trechtingshausen von den Delegierten der SPD Verbandsgemeinde Rhein – Nahe als Kandidat nominiert. 39 Jastimmen bedeuteten ein Wahlergebnis von 100% für den SPD Kandidaten der als einziger Bewerber zur Wahl stand. Am Rathaus steht nunmehr schon seit November das Gerüst zur Renovierung, aber die Renovierungsarbeiten sind bis zum heutigen Tage noch nicht in Gang gekommen. Der Grund hierfür sind Streitigkeiten zwischen Handwerkern, Gerüstbaufirma und Berufsgenossenschaft. Weil das Gerüst auf der einen Seite das Rathauses im Neuwegbach steht, verfingen sich beim letzten starken Regen Geröll, Holz und Kleinteile im Gerüstgestänge. Das Wasser konnte nicht richtig abfließen, dadurch hatte ein Anwohner zum ersten Mal Wasser in seinem Keller. Um Schlimmeres zu vermeiden erfolgte ein Anruf beim Brandschutzbeauftragen der Verbandsgemeinde, der daraufhin zur Antwort gab, sie müssten entschuldigen, aber er befände sich zur Zeit in der Mittagspause. Großes Flüchtlingsdrama im Juli 95 seit Kriegsbeginn in Bosnien. Mehr als 15.000 Moslems aus Srebrenica vertrieben. In den UN-Flüchtlingslagern herrschen Verzweiflung und Chaos. Der Verbleib von rund 7.000 Bewohnern aus Srebrenica ist ungeklärt, wahrscheinlich wurden viele von Bosnischen Serben umgebracht. Zwei Wochen nach Srebrenica fiel auch die Ostbosnische Stadt Zepa in die Hände der Serben. Es passieren weiterhin schrecklich Greueltaten und Gemetzel der Serben an den Moslems. Warum schaut die Welt abermals so lange zu wie ein Volk vernichtet wird. Ratko Mbadic, Kommander der bosnischen Serben sagte: „Meine Männer sind die Mongolen des 20. Jahrhunderts“. Aber dem deutschen Volk vergisst man die Taten eines Hitlers bis heute noch nicht. Ich glaube in unserer Wohlstandsgesellschaft sind die Maßstäbe durcheinander geraten. Zum Schluß noch ein paar Gedankengänge über die heutige Zeit und über die Zukunft im dritten Jahrtausend: Wo früher die Menschen durch die Solidargemeinschaft und ihr Zusammengehörigkeitsgefühl eine lebenswerte zuverlässige Gemeinschaft bildeten, herrscht heute der blanke Egoismus, nach dem Motto „Jeder gegen Jeden“. Wichtigtuer und Besserwisser machen den Menschen das Leben schwer. Gemeinsinn und Gemeinschaft lösen sich auf, die Solidargemeinschaft bröckelt auseinander. Der Ich-Mensch ist der Mensch der Zukunft. Mit immer weniger Arbeit und immer mehr Freizeit geht der Ichling von heute auf den Ego – Tripp. Mit losem Mundwerk und viel Wind ist in jetziger Zeit mehr zu erreichen als mit den Tugenden Ehrlichkeit, Fleiß und Hilfsbereitschaft. Und nichts hat sich in den letzten Jahren so verbreitet wie die Seuche Egoismus. Ich glaube wer beim rasanten Ritt in die Zukunft mithalten will, unterliegt dem Zwang der Selbstverwirklichung. Und das alles ist für mich so beängstigend, das am Schluß nur zu sagen bleibt: „Ich möchte nicht mehr Zwanzig sein“ 1994/1995 war folgendes zu verzeichnen: Keine Geburten, keine Sterbefälle, Zugezogen5, Weggezogen1 und eine Hochzeit. Kassenbericht 1994/1995 | ||||
Sparbuch bei Übernahme | 1431,54 | DM | ||
Zinsen | 16,58 | DM | ||
Spenden | ||||
Hartung, Willi / Schreinerei | 20 | DM | ||
Baaser, Winfried / Allzweck-Sport | 50 | DM | ||
Hotel Rheinterasse | 40 | DM | ||
Werner Rick / Nordstern | 20 | DM | ||
Schmitz, Egon / Burg Reichenstein | 100 | DM | ||
Fendel, Margot / Quelle | 10 | DM | ||
Brager, Markus / Metzgerei | 30 | DM | ||
Bauer, Horst / Campingplatz | 20 | DM | ||
Baaden, Klaus / Schlüsseldienst | 20 | DM | ||
Lippert, Gertrud | 10 | DM | ||
Franceux, Hans-Willi / Bürgermeister | 20 | DM | ||
Chmieleski, Eugen u. Gisela | 40 | DM | ||
Hochzeit | ||||
Bettina Platz – Volker Spiegel | 30 | DM | ||
Zugezogen | ||||
Reinhard | 20 | DM | ||
Eisenbach B, Hoffmann P. | 20 | DM | ||
Fam. Weis | 10 | DM | ||
Brauer Bäckerei (100 Brötchen) | ||||
Spenden aus der Sammlung | 460 | DM | ||
Spenden am Brunnenfest | 309 | DM | ||
Einnahmen | 769 | DM | ||
Ausgaben , Belegbuch | 567 | DM | ||
Neuer Kassenbestand | 1650,12 | DM |
Kontonummer 3317004327
An die neuen Brunnenmeister Paul Metzroth und Dieter Schneider wurden übergeben.
– Sparbuch 3317004327
– 3 Brunnenbücher mit Etui
– 1 Statutenheft
– 1 Liste der Brunnenmeister
-1 Hefter mit Belegen
– 1 Schild für Brunnenfest
– 2 Brunnenschlüssel
– 1 Symbolschlüssel aus Messing
– 1 mittelalterlicher Pranger
Die Tiefkühltruhe war defekt und mußte entsorgt werden.
Die Lichterkette mit 12 bunten Birnen wurde in der Schule gestohlen.
Trechtingshausen, den 07. September 1995
0 Kommentare